Fürth 23.09.2017 Quelle: www.echo-online.de
Gitarrenduo Höhn und Neander brilliert in Fürth
Von Cornelia von PoserFÜRTH – Im Walzertakt startete die Fürther Studiobühne in eine neue Saison. Am Donnerstag zeigten hier die Ausnahme-Gitarristen Ali Neander und Tilmann Höhn einmal mehr, welche Klangvielfalt sie aus ihren Saiteninstrumenten herauszuholen vermögen. Sie faszinierten die zahlreich erschienenen Gäste mit einem virtuosen Spiel und genossen offensichtlich auch selbst die eher seltene Gelegenheit, gemeinsam zu musizieren. Der walzertypische Dreivierteltakt zog sich dabei wie ein roter Faden durch das Programm des Abends.
Zu diesem begrüßte Tilmann Höhn die Gäste mit einem „Hallo, ich bin das Vorprogramm“ und setzte sogleich zu einem furiosen Auftakt an. Zum Einsatz kam dabei – neben verschiedenen Gitarren, denen der Musiker meditativ anmutende Klänge entlockte – eine sogenannte Loopstation, mit der der in Wiesbaden geborene Instrumentalist gespielte Passagen aufnahm und noch während des Stückes als Tonteppich wieder abspielte. So erschuf der 53-Jährige eine ganz eigene Klangwelt.
Mit der Vorführung seiner Aliquotgitarre setzte der Meistermusiker Höhn gleich zu Beginn noch einen drauf. Das Instrument, das über sage und schreibe 18 Saiten verfügt (vier Bass-Saiten, acht Resonanz-Saiten und sechs Standard-Saiten) löste ob seiner akustischen wie visuellen Einzigartigkeit selbst bei eingefleischten Gitarren-Fans Erstaunen aus. Von dieser Art, die Gitarrenbauer Oliver Klapproth aus dem niedersächsischen Heinsen erdacht hat, gäbe es bisher nur etwa drei oder vier Instrumente, so Höhn im Gespräch mit dem ECHO.
Zusätzliche Hingucker des Abends waren die Horst-Janssen-Plakate von Dr. Klaus Ruhr, die die Wände der Studiobühne derzeit schmücken. Allerdings blieb den Gästen kaum Zeit, die Kunstwerke am Rande des musikalischen Geschehens in Augenschein zu nehmen. Denn die beiden Musiker, die seit rund sieben Jahren zusammen auftreten, zogen alle Aufmerksamkeit auf sich.
Dies gelang zum einen durch die Meisterschaft, mit der die beiden ihre Instrumente beherrschen. Zum anderen durch die Hingabe, mit der die Männer ganze Geschichten mittels ihrer einfallsreichen Musik erzählten und Gefühle und Bilder in den Köpfen der Zuhörer erweckten. Dabei boten die zwei „bekennenden anonymen Melancholiker“, die ihr Publikum selbst mit ihren Anmoderationen bestens unterhielten, nicht nur „Walzerseligkeit“ (Neander). Das i-Tüpfelchen setzten beide durch ihre Experimentierfreude, die sich bei den Improvisationen offenbarte. Hier kamen auch so ungewöhnliche Werkzeuge wie Walzen, Gläser und Korken zum Einsatz, mit denen die Gitarren bearbeitet wurden. Alles „komplett aus der Lamäng“ (Höhn).
Zu Beginn des zweiten Konzertteils nutzte auch Neander die Gelegenheit zu einem Solo. Der begnadete Musiker ist nicht zuletzt als Mitglied der Band „Rodgau Monotones“ bekannt, mit denen auch Gastgeber Matthias Dörsam auf der Bühne steht und die im kommenden März ihr 40-jähriges Bandjubiläum feiern. Bei seinem Solo-Auftritt in Fürth amüsierte er die Gäste mit seiner ganz eigenen Version von Reinhard Meys Klassiker „Über den Wolken“ und protestierte damit gegen den Fluglärm in Frankfurts Süden. Sodann startete das Gitarren-Duo in eine kurzweilige zweite Runde und vollendete damit die grandiose Eröffnung der zehnten Saison der Studiobühne.
Jeder Ton saß und traf auf ein überaus begeistertes Publikum. Zum Ende erklang natürlich – augenzwinkernd und ganz cool – ein Walzer.